P. J. Blumenthal - Kaspar Hausers Geschwister
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Deuticke (Wien 2003)
Den schmalen Grat zwischen Mensch und Tier erkundet eine Studie, die sich den bekannten Fällen sogenannter "Wolfskinder" widmet. Doch gesicherte Fakten sind selten. 13.04.2004
Als Extremform menschlicher (oder tierischer?) Entwicklung war der Homo ferus oder Wolfsmensch für die Forschung von Anfang an von Interesse. Jene Kinder, die unter Tieren oder ohne menschliche Gesellschaft aufwuchsen, faszinierten die Menschheit seit jeher. Daher kommt es wohl auch, daß manches geistig zurückgebliebene oder verhaltensauffällige Kind kurzerhand zum Wolfskind erklärt wurde.
Der in den USA geborene und in München als Wissenschaftsjournalist lebende P. J. Blumenthal versammelt in seinem Buch rund 100 Fälle von Wolfskindern, die höchst unterschiedlichen Quellen entstammen. Manche sind wissenschaftlich belegt und aufgearbeitet, andere beschränken sich auf eine Zeitungsnotiz oder eine Glosse in einer alten Chronik. Soweit möglich, ging Blumenthal den Fällen nach - mit dem leider oft ernüchternden Ergebnis, daß sich der entsprechende Fall in Luft auflöste.
Bekannt ist die mythologisch verbrämte Geschichte von Romulus und Remus. Wer aber hat schon vom Wilden Peter, dem Schweinemädchen von Salzburg oder dem chilenischen Hundekind Alex gehört? Seit der Aufklärung begann man sich eingehender mit dem Homo ferus zu beschäftigen. Der Grund: Man hoffte anhand der Wilden Peters und Petras zu belegen, welche menschlichen Eigenschaften zu den angeborenen und welche zu den erworbenen gehören - damals eine zentrale Frage der Philosophie.
Natürlich darf in einer solchen Sammlung, der Titel sagt es bereits, auch Kaspar Hauser nicht fehlen, ein Kriminalrätsel, das weiterhin zu faszinieren vermag. Oder Victor, der "wilde Knabe von Aveyron", der vor allem durch Truffauts schwärmerischen Film "L´Enfant Sauvage" Bekanntheit erlangte.
Blumenthals Buch eignet sich aufgrund der Fülle des versammelten Materials hervorragend zum Schmökern. In einem begleitenden Aufsatz wird nicht nur die Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte erörtert, sondern es wird, soweit dies bei den zahlreichen falschen oder verfälschten Geschichten über Wolfskinder möglich ist, auch allgemein über deren Entwicklung spekuliert - und damit darüber, welch klappriger Gaul das hohe Roß, auf das sich der Mensch gesetzt hat, in Wirklichkeit sein mag. Einziger Wermutstropfen: ein Geleitwort von Elfriede Jelinek, das sich auf ahnungsvolles Raunen beschränkt und getrost überblättert werden kann.
P. J. Blumenthal - Kaspar Hausers Geschwister
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Deuticke (Wien 2003)
Eine Autofahrt mit Thomas Fröhlichs neuem Hörbuch "Das Geheimnis des Illusionisten" ist gleichermaßen unterhaltsam wie lehrreich. Dennoch sei gleich einmal davor gewarnt: Der Ausflug ins Reich zwischen den Welten von Arthur Conan Doyle und Howard Philips Lovecraft kann teuer zu stehen kommen.
Eine ordentliche Portion Zombies und Geister, ein Rudel Werwölfe, eine Prise Vampirismus, das Ganze abgeschmeckt mit Blut und Gedärm und appetitanregend dekoriert mit Serienmeuchlern und Folterknechten: Das Ergebnis heißt "Horror" und ist das Filmbuch, auf das wir schon lange gewartet haben.
"Literatursalon im Gemeindebau" heißt eine Veranstaltung des Theaters Rabenhof. Große Namen aus der Schreiberzunft - wie Chuck Palahniuk - und unfade Literatur werden so vom 11. September bis zum 5. Dezember in einem Veranstaltungsreigen versammelt.
Horror, Thrill, Humor: Mit den sommerlichen Hörbuch-Tips spielen wir ordentlich Gefühlsklavier - und das insgesamt 1722 Minuten lang. Außerdem haben wir etwas zu verschenken. Aber lesen Sie selbst.
Auch ein Perry Rhodan hat gelegentlich Sex - aber von Verhütung keine Ahnung. Das Ergebnis des außerehelichen Gspusis ist der "Sternenbastard". Und der spielt die Hauptrolle in einer höchst unterhaltsamen Hörbuchserie.
Bereits zum zweiten Mal darf der EVOLVER zu einer Veranstaltungsreihe im Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum, besser bekannt als "Narrenturm", laden. Freunde des Ab- und Jenseitigen werden auch diesen Sommer nicht zur Ruhe kommen.
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