Kolumnen_Na Mahlzeit!

Keine schalen Tiere

Lebendig sehen Garnelen mit ihren Spinnenbeinen, den schwarzen Stielaugen und Fühlern wie Unterwassermonster aus. Doch die Optik hat unsereinen noch selten vom Verzehr eines Tiers abgehalten - vor allem, wenn es so fein schmeckt wie dieses. Gut gewürzt, mit Spaghetti und Paradeisern angerichtet, wird die Garnele einen Frühlingstag lang gar zum besten Freund des Menschen.    11.03.2011

Die Röstaromen steigen in die Nase, der Braten nimmt Farbe an, es duftet nach Rosmarin und Knoblauch, es brutzelt und dampft. Millionen Menschen schauen zu, das Wasser läuft ihnen im Mund zusammen, aber sie riechen nichts. Noch nie wurde im Fernsehen so viel Gemüse gratiniert, Fisch filetiert und mit lässigen Sprüchen Fleisch flambiert. Nur zu Hause gibt’s immer dieselben Fertiggerichte - und die schmecken fad und langweilig.

EVOLVER-Küchenchef Pascal Sperger unternimmt etwas dagegen: Tauschen Sie mit ihm die Fernbedienung gegen den Kochlöffel und den medialen Kochshow-Overkill gegen richtiges Essen. Es wird Ihnen guttun. Und schmecken.

 

Heute: Garnelen auf Knoblauch-Chili-Spaghetti mit Kirschtomaten

 

In der Großstadt lebt man nicht, in der Großstadt wohnt man. Das merkt man besonders im Winter - wir erinnern uns: jener Jahreszeit, die seit Beginn der globalen Erwärmung eigentlich hätte komplett ausfallen sollen. Die Klimakatastrophe, die uns E-10, grüne Regierungspolitiker und anderen Schwachsinn beschert hat, sorgt aber in Wahrheit dafür, daß man von September bis April durchheizen muß und während dieser Monate vor lauter Grau fast schon Rot sieht. Zumindest in der Stadt mit ihren Häuserschluchten und der ewigen Dunstglocke aus Abgasen ...

Nun behaupten Ärzte und andere Scharlatane ja seit geraumer Zeit, daß ein Mangel an Sonnenlicht zu Depressionen führen kann. Das ist natürlich Unfug, wie der aufgeklärte Nachtmensch weiß, der solche Erscheinungen längst mit Alkohol, Valium und Fernsehen zu bekämpfen versteht. Und mit Essen.

Genau da liegt aber das Problem: Wenn man das Haus kaum mehr verläßt, weil es draußen sowieso viel zu kalt ist, kauert man irgendwann vor dem geöffneten Kühlschrank und entdeckt, daß er nur mehr tschechisches Bier, trockenen Käse, halbleere Senftuben und ausgekratzte Marmeladegläser enthält. Offenbar hat man sich zu lange nachts am Würstelstand ernährt - oder von der ebenso überteuerten wie minderwertigen Ware, die man zu unheiligen Zeiten im nächsten Bahnhofs-Supermarkt erworben hat.

Da kommt der Frühling gerade recht: Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen treiben selbst den EVOLVER-Küchenchef untertags aus dem Bett und vom Computer weg, ziehen ihn ins Freie und an die frische Luft, vorzugsweise gleich zu einem Multikulti-Markt oder zum Lebensmittelgeschäft an der übernächsten Ecke, das er bisher nur vom Hörensagen kannte. Seinen Einkaufszettel für das schmackhafte Gericht zum großen Erwachen stellt er Ihnen hiermit kostenlos zur Verfügung. Schließlich geht mit dem Beginn der eisfreien Zeit nicht nur ein Appetit auf Wassertiere, sondern auch eine unheimliche Menschenfreundlichkeit einher ...

 

 

Zutaten für 2 bis 3 Personen

 

12 Garnelen (frisch oder tiefgekühlt)

ca. 300 - 350 g Spaghetti

4 - 6 Knoblauchzehen

1 - 3 Jalapeno-Chilischoten

6 - 10 Kirsch- oder Cocktailtomaten

125 ml Obers

1 Bund Basilikum (frisch, tiefgekühlt oder

getrocknet)

Saft einer halben Limette

Salz, Pfeffer

4 EL Olivenöl

 

 

 

 

 

Und so wird's gemacht:

 

Die Garnelenschwänze nicht in der Mikrowelle, sondern langsam bei Zimmertemperatur auftauen lassen. Kauft man frische Ware beim Fischhändler, dann am besten einfach darauf bestehen, daß der Fachmann das lästige Schälen erledigt und den schwarzen Faden - den Darm - entfernt.

Bevor man die Zutaten kleinschneidet, noch schnell einen hohen Topf mit ausreichend Salzwasser aufsetzen. Während das Wasser langsam heiß wird, den Knoblauch schälen, kleinhacken und die Tomaten halbieren. Die Chilis der Länge nach teilen, Kerne entfernen (einfach mit dem Messerrücken auskratzen) und in feine Streifen schneiden. Alles beiseitestellen. Nach dem Kleinschneiden der Jalapenos nicht aufs Händewaschen vergessen - oder zumindest daran denken, sich nicht ins Auge oder an die Geschlechtsteile zu greifen. Ein wohlerzogener Mensch tut das ohnehin nicht (schon gar nicht beim Kochen), aber trotzdem: es brennt. Lang und schlimm. Egal, an welcher Körperstelle.

 

Nun eine große Bratpfanne erhitzen und die aufgetauten Garnelen in etwas Olivenöl - etwa zwei Minuten pro Seite - leicht anbraten. Wichtig: Wir brauchen hier kein exzentrisches Röstaroma wie bei anderen Speisen, sondern nur eine leichte Bräunung. Die Pfanne sollte also nicht zu heiß sein. Wer sich bei der richtigen Temperatur unsicher fühlt, kann sich an die Regel "Es muß leicht brutzeln, aber das Fett darf nicht spritzen" halten. So kann man nicht viel falsch machen.

Nach dem Braten die Garnelen aus der Pfanne nehmen, zur Seite stellen und mit einer Lage Alufolie abdecken. Danach nochmals drei Eßlöffel Öl zugeben und die Pfanne schräg anheben, weil sich das Öl auf einer Seite sammeln soll. Knoblauch und Chilischoten etwa eine Minute lang unter ständigem Rühren leicht "fritieren". Wieder wichtig: Auch der Knoblauch sollte nicht braun werden, weil er dadurch nämlich bitter würde. Und das wollen wir nicht.

Die Pfanne also nach einer knappen Minute wieder gerade auf die Platte stellen und die halbierten Paradeiser zugeben. Zweimal umrühren und mit Obers ablöschen. Salzen, pfeffern und die Garnelen samt ausgetretenem Saft mit der Sauce verrühren. Die Herdplatte jetzt von mittlerer auf niedrige Leistung zurückschalten.

 

Die andere Platte muß auf höchster Stufe glühen; mittlerweile sollte auch das Wasser sieden. Also: Nudeln zugeben und al dente kochen. Die Zeitangabe auf der Packung ist übrigens nur ein Richtwert für hilflose Kochanfänger. Der mittlerweile ambitionierte Küchenlaie darf auch schon zwei Minuten früher probieren und entscheiden, ob die Teigware mundet oder noch ein bißchen braucht.

Bei diesem wie bei vielen anderen Pastagerichten gilt außerdem die goldene Regel: "Die Sauce darf auf die Nudeln warten, die Nudeln aber niemals auf die Sauce." Das heißt: Sobald die Nudeln bißfest gekocht sind, sofort abseihen, ein paar Sekunden abtropfen lassen und gleich darauf in den Topf mit der Sauce geben und vorsichtig vermengen. Die frischen, weil heißen Nudeln nehmen nämlich den Saucengeschmack besser auf als kalte.

Während die Nudeln kurz in der Sauce ziehen, noch schnell das Basilikum kleinschneiden und eine Limette halbieren. Zuerst die Zitrusfrucht über den Nudeln ausquetschen, anschließend Basilikum gleichmäßig verteilen und nochmals vorsichtig umrühren.

 

Teller herrichten, Nudeln anrichten, Garnelen drapieren ... und den Tag an der Sonne mit einem schmackhaften Essen ausklingen lassen.

Pascal Sperger

Garnelen auf Knoblauch-Chili-Spaghetti mit Kirschtomaten

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