Erwin Einzinger - Aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik
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Residenz Verlag (St. Pölten/Salzburg, 2005)
Photo © Lukas Beck
Daß alles mit allem zusammenhängt, beweist der Autor mit seinem recht eigenwilligen Roman. 21.12.2005
Wußten Sie, daß David Jones bereits Ende der sechziger Jahre seinen Namen auf David Bowie änderte, um nicht mit dem heute weitgehend vergessenen Davy Jones von den Monkees verwechselt zu werden? Daß Andy Warhol, nachdem er von einer Statistin einer seiner Filme angeschossen worden war, bei öffentlichen Auftritten gerne auf einen Doppelgänger zurückgriff? Oder daß Stalin
"sämtliche Formen der afroamerikanischen Musik" verabscheute und sich stattdessen an anspruchslosen Volksweisen delektierte?
Wenn nicht, dann wissen Sie´s jetzt. Diese und noch Tausende andere Fakten finden Sie in Erwin Einzingers Buch "Aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik", das sich selber als Roman bezeichnet. Man zerbricht sich den Kopf, was der Autor mit dieser zufällig scheinenden Sammlung von Anekdoten, Grotesken und Fundstücken aus dem weiten Feld der Unterhaltungsmusik, insbesondere des Pop und Jazz, im Sinn gehabt haben könnte. Solches Nachsinnen bleibt freilich ebenso ergebnis- wie zwecklos, denn dieses Buch versammelt alles, was man im Grunde nicht zu wissen braucht. Vielleicht verbirgt sich darin bereits das Auswahlprinzip.
Die Anordnung der Fakten gehorcht dabei Prinzipien, nach denen schon die alten Futuristen werkten: Assoziation und vor allem Gleichzeitigkeit/Simultanität: Wenn die Mädels in eben jenem Jahr zu "Heartbreak Hotel" schunkeln, in dem die Serienproduktion von Wegwerfwindeln startet, muß das zwar nichts zu besagen haben, in jedem Fall aber festgehalten werden.
Trotz seines Titel handelt es sich bei dem Buch weder um ein historisches Werk noch um ein Sachbuch. Wie schon bemerkt - draufstehen tut Roman. Das ist legitim und in gewisser Weise auch drinnen. Der Roman ist ein Gefäß, das so ziemlich jeden Inhalt verträgt. Verwandt ist Einzingers Elaborat allerdings auch mit den unter subjektiven Gesichtspunkten erstellten Wissenssammlungen à la "Schotts Sammelsurium".
Interessant ist der Ansatz allemal, auch wenn der assoziative Aufbau mitunter aufgesetzt wirken mag, weil mit einem "übrigens" oder "nicht verschwiegen werden soll" Dinge aneinander gereiht werden, die oft auch noch auf den zweiten und dritten Blick nicht das Geringste miteinander zu tun haben. Man fragt sich, ob der Autor mit einem riesigen Zettelkasten gearbeitet hat wie weiland Arno Schmidt oder ob sein Arbeitszimmer von einem Chaos ungeordneter Papierschnitzel und Zeitungsausschnitte überquillt, wie man das von Photos aus Friederike Mayröckers Wohnung kennt. Ob man nun querliest oder sich durchs flott aufbereitete Faktenkonvolut, das über 500 Druckseiten beansprucht, treiben läßt - kurzweilig ist die Lektüre auf jeden Fall. Mühsam sind bloß die zahlreichen Fußnoten, zumal sie nichts Relevantes beizutragen haben, sondern einer Geschichte oder Anekdote viel öfter noch einen Kalauer hinzufügen.
"Müssen die Gedanken eigentlich stets durch einen mit allerlei Tentakeln und Zacken bewehrten Kontrollkanal?" fragt Einzinger an einer Stelle im Buch und macht so auch klar, worum es ihm geht: einmal den Kontrollkanal ausschalten und die Assoziationen so richtig über die Dämme schießen lassen. Auch das ist letztlich ein avantgardistisches Konzept und damit nicht grundsätzlich neu, aber in einer Zeit, in der realistisches Erzählen wieder in Mode scheint, immerhin erfrischend. Es mag kein Kriterium für literarische Qualität sein, ist aber doch ein angenehmer Nebeneffekt.
In Summe ist Einzingers Buch tatsächlich, was es zu sein vorgibt, nämlich eine Geschichte der Unterhaltungsmusik - und dabei zugleich eine Geschichte der Welt und ein Kaleidoskop des alltäglichen Lebens unter dem Blickpunkt der Musik. Schön, daß sich der oberösterreichische Autor nach einem Jahrzehnt des Schweigens wieder zurückgemeldet hat.
Erwin Einzinger - Aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik
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Residenz Verlag (St. Pölten/Salzburg, 2005)
Photo © Lukas Beck
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